Von der Bedeutung der legendären Rallye Monte Carlo und den Herausforderungen dieses Motorsportevents zeugt bereits der traditionelle Austragungstermin im WM-Kalender: Im Januar sollte die prestigeträchtige „Monte“ wohlhabende Autofans auch außerhalb der Sommersaison ins Fürstentum Monaco locken. Die Teilnehmer konnten zahlreiche Startpunkte in verschiedenen europäischen Ländern wählen, wobei die zu erreichende Punktzahl davon abhing, wie anspruchsvoll die jeweilige Anfahrtsroute war. Weitere Punkte wurden dann in Monte Carlo vergeben – zunächst auch für später abgeschaffte Disziplinen wie Eleganz und Komfort oder den technischen Zustand der Fahrzeuge nach der Fahrt an die Riviera. Zudem mussten die Piloten ihr fahrerisches Können bei einer Geschicklichkeitsprüfung unter Beweis stellen.
Und so gehörte im Jahr 1912 beim erst zweiten Jahrgang der Rallye Monte Carlo auch ein Fahrzeug aus Mladá Boleslav zum Teilnehmerfeld. Alexander „Sascha“ Graf Kolowrat-Krakowsky machte sich am 21. Januar 1912 aus Wien auf die 1.319 Kilometer lange Strecke ins Fürstentum. Bei Temperaturen von bis zu -18 Grad hatte der Laurin & Klement eine offene Karosserie und statt eines Renn-Overalls trug Graf Kolowrat-Krakowsky einen dicken Pelz.
Der Roadster ŠKODA POPULAR Sport (1936) und das Coupé ŠKODA RAPID (1937)
Seit 1925 kennzeichnete Automobile aus Mladá Boleslav das ŠKODA-Emblem und auf der Strecke in Monte Carlo fuhren sie schon bald zu ersten Erfolgen: Im Januar 1936 belegte das Duo Zdeněk Pohl/ Jaroslav Hausman mit dem Roadster ŠKODA POPULAR Sport einen ausgezeichneten zweiten Platz in der Hubraumklasse bis 1.500 cm3. Dieses Ergebnis inspirierte das Unternehmen, sein Modellangebot um den ŠKODA POPULAR MONTE CARLO zu erweitern, den der Hersteller als Roadster und als Coupé anbot. Zwischen 1936 und 1939 entstanden insgesamt siebzig dieser Fahrzeuge.
Ein Jahr später, vor nunmehr 85 Jahren, wählten Pohl und Hausman für die vom 26. bis 30. Januar 1937 stattfindende Rallye als Startpunkt nicht wie im Vorjahr das „nur“ 3.852 km von Monaco entfernte Athen. Sie entschieden sich, aus dem 4.134 Kilometer entfernten sizilianischen Palermo anzureisen, was ihnen 500 Punkte einbrachte. Nur vier von insgesamt 30 Fahrzeugen überstanden die Strapazen dieser anspruchsvollen Route. Mit ihrem Coupé ŠKODA RAPID, das von einem zuverlässigen SV-Vierzylindermotor mit 1,4 Liter Hubraum angetrieben wurde, passierten sie erfolgreich die Durchfahrtskontrollen. Allerdings landete das Duo aus Mladá Boleslav aufgrund zweier Strafpunkte nicht auf dem zweiten, sondern auf dem vierten Platz der Gesamtwertung. Die Strafpunkte erteilten die Kommissare nach einem Protest englischer Rivalen gegen die zu kleine Fläche des Rückspiegels. Dieser entsprach mit seinen Außenabmessungen zwar dem Reglement, allerdings war die reflektierende Fläche ohne Rahmen deutlich kleiner. Pohl und Hausman hätten den Spiegel vor der offiziellen Kontrolle gegen einen größeren tauschen können, jedoch widersprach das ihrem Sinn für sportliches Fair Play. Nach ihrer Rückkehr nach Prag würdigte auch das damalige Management des Automobilherstellers diesen Sportsgeist öffentlich.
ŠKODA als Maß der Dinge unter den „Dreizehnhundertern“: OCTAVIA & 130 RS & FAVORIT
Die politische und wirtschaftliche Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg bedeutete, dass der Automobilhersteller durch den „Eisernen Vorhang“ zu vielen seiner traditionellen Märkte und prestigeträchtigen Sportveranstaltungen keinen Zugang mehr hatte. Bei der Rallye Monte Carlo konnten daher ab 1949 nur noch Privatteams starten, das Werksteam kam erst im Januar 1956 wieder nach Monte Carlo. Und so ergriffen die ausländischen Besitzer von ŠKODA-Fahrzeugen ihre Chance: Die besten Ergebnisse unter den winterlichen Bedingungen erreichten Teams aus Skandinavien: Zu ihren Triumphen zählt der Hattrick in der Klasse bis 1.300 cm3 mit dem ŠKODA OCTAVIA TOURING SPORT: Bei der Rallye Monte Carlo 1961 siegten die Finnen Esko Keinänen/Rainer Eklund und belegten gleichzeitig einen großartigen sechsten Platz in der Gesamtwertung. Auch 1962 dominierten sie die Klasse der „Dreizehnhunderter“. Im Januar 1963 knüpften die Norweger Edward Gjolberg und Carl Karlan mit dem OCTAVIA TS 1200 an diese Erfolge an.
In der Folge wurde die Rallye Monte Carlo zunehmend professionalisiert und es nahmen immer weniger Privatfahrer teil. 1973 wurde die traditionelle Januar-Veranstaltung schließlich zum Eröffnungsrennen der neu ausgeschriebenen Rallyeweltmeisterschaft. Nach den ŠKODA-Fahrzeugen mit klassischem Antriebskonzept und Zentralrohrrahmen folgten Modelle mit Heckmotor und selbsttragender Karosserie. Die Erfolge von zwei Coupés des Typs ŠKODA 130 RS ragen dabei bis heute heraus. Im Jahr 1977, als bei der „Monte“ nur 43 von 198 Fahrzeugen das Ziel erreichten, dominierte ŠKODA die Kategorie bis 1.300 cm3: Hinter dem siegreichen Duo Václav Blahna/Lubislav Hlávka belegten ihre Werksteam-Kollegen Milan Zapadlo und Jiří Motal den zweiten Rang. In der Gesamtwertung reichte es für die Plätze 12 und 15.
Mit Frontmotor: vom FAVORIT bis zum FABIA R5 Rally2 evo
Vor 60 Jahren dominierten die sportlichen Derivate des Familienmodells ŠKODA OCTAVIA die „Dreizehnhunderter“ bei der Rallye Monte Carlo und vor 30 Jahren schrieb das Fließheckmodells ŠKODA FAVORIT 136 L diese Erfolgsserie fort: Der Vierzylinder-Aluminiummotor über der angetriebenen Vorderachse verfügte über einen Hubraum von 1.289 cm3 und verhalf dem Duo Pavel Sibera/Petr Gross zu zahlreichen Siegen in der Klasse A (unter 1.300 cm3). Von 1991 bis 1994 errangen sie vier Triumphe in Serie. Der FAVORIT war seinerzeit ein Spitzenfahrzeug, das belegt auch sein vierter Platz bei der „Monte“ 1993 gegen wesentlich stärkere Fahrzeuge in der Klasse bis 2.000 cm3 mit einer angetriebenen Achse.
Anschließend brachte ŠKODA das FELICIA Kit Car an den Start und engagierte sich schließlich in der Top-Kategorie für Fahrzeuge mit Allradantrieb: Mit dem OCTAVIA WRC begann bei der Rallye Monte Carlo 1999 eine neue Ära. Das Werksfahrerteam Armin Schwarz/Manfred Hiemer belegte 2001 einen ausgezeichneten vierten Platz in der Gesamtwertung. Im Jahr 2003 wurde der kürzere und deutlich leichtere FABIA WRC homologiert. Der aufgeladene Vierzylindermotor mobilisierte aus zwei Litern Hubraum eine Leistung von 221 kW (300 PS) und ein Drehmoment von 600 Nm. Eine hydraulisch betätigte Handbremse unterstützte bei der Kurvendurchfahrt: Sie verzögerte die Hinterräder, zudem wurde gleichzeitig das Zwischenachsdifferential des Allradantriebs ausgeschaltet. Eine weitere Evolutionsstufe markierte der ŠKODA FABIA SUPER 2000 im Jahr 2009. Bei dieser Auflage der Rallye Monte Carlo, die damals im Veranstaltungskalender der Intercontinental Rally Challenge (IRC) stand, belegte das Fahrzeug den vierten Platz. 2010 und 2011 landete der SUPER 2000 auf dem zweiten Rang, bevor er 2013 den Sieg einfuhr. Im Januar 2011 wurde in Monaco das Sondermodell FABIA MONTE CARLO vorgestellt – eine Hommage an das damals 100. Jubiläum der Rallye Monte Carlo und gleichzeitig das 110. Jubiläum der Motorsport-Aktivitäten des Automobilherstellers aus Mladá Boleslav.
Nach überwiegend von Privatteams eingefahrenen Siegen in der Kategorie WRC2 schlug der FABIA R5 ein weiteres, sehr erfolgreiches Motorsportkapitel auf: Das Werksteam belegte bei der Rallye Monte Carlo 2017 den ersten und zweiten Platz. Im darauffolgenden Jahr gewannen Jan Kopecký/Pavel Dresler neben der WRC2-Kategorie auch die Klasse RC2. Bei der Rallye Monte Carlo 2022 hat das Team Toksport WRT mit Unterstützung von ŠKODA Motorsport den Sieg fest im Blick: Der Norweger Andereas Mikkelsen möchte im FABIA Rally2 evo gemeinsam mit Torstein Eriksen (NOR) seinen Vorjahressieg verteidigen.