ŠKODA 1000 MB (1964–1969): Der revolutionäre Konzeptwandel

› Das erste Großserien-Automobil aus tschechischer Produktion setzte auf eine progressive Konstruktion mit selbsttragender Karosserie und leichtem Motor im Heck
› Errichtung einer komplett neuen Fertigungsstraße im Werk Mladá Boleslav, hochmoderne Vierzylinder-Motorenfamilie setzte mit Aluminiumguss-Gehäuse Maßstäbe
› Zwischen 1964 und 1969 liefen bei ŠKODA 440.639 Exemplare der Stufenheckmodelle 1000 MB und 1100 MB sowie 2.517 Exemplare des zweitürigen Variante MBX vom Band

Mladá Boleslav, 3. August 2020 – Für den neuen 1000 MB baute ŠKODA im Stammwerk Mladá Boleslav eine komplett neue, moderne Produktionslinie. Mit einer kompakten Antriebseinheit im Heck seiner selbsttragenden Karosserie zählte der elegante Viertürer in den 1960er Jahren zu den fortschrittlichsten Fahrzeugen der 1,0-Liter-Klasse.

Im Frühjahr 1964 veränderte ŠKODA seine konstruktive Ausrichtung und stellte mit dem 1000 MB einmal mehr die Ingenieurskompetenz der tschechischen Automobilindustrie unter Beweis – das fortschrittlich gestaltete Modell folgte einer völlig neuen Philosophie: Sein moderner Vierzylinder wanderte ins Heck und trieb dort die Hinterräder an. Hinzu kamen viele weitere revolutionäre Änderungen. So bestanden zum Beispiel die Zylinder- und Kurbelwellengehäuse ebenso wie die Glocke des manuellen Vierganggetriebes aus leichtem Aluminiumguss. Dank eines Patents des tschechischen Ingenieurs Josef Polák aus dem Jahre 1922 ließen sie sich diese Teile daher in deutlich kürzerer Zeit und mit reduziertem Energieeinsatz herstellen. ŠKODA knüpfte damit an seine 65-jährige auf dem Gebiet der Motorenkonstruktion und -fertigung an. Wie zukunftsweisend die neue Motorenfamilie damals war, zeigte sich erst im Laufe der Zeit: Sie setzte ihre Karriere auch nach der Aufnahme von ŠKODA AUTO in den Volkswagen Konzern bis in die 1990er Jahre fort.

Auch die Produktion passte ŠKODA für die Produktion des fortschrittlichen 1000 MB umfassend an, in einem neuen Teil des Werks in Mladá Bolesvlav entstand eine technologisch fortschrittliche Fertigungslinie. Auf ihr wurde die selbsttragende Karosserie des Viertürers aus 665 Pressteilen und mit 6.900 Schweißpunkten zusammengesetzt.

Der 1000 MB ging als Nachfolger des erfolgreichen OCTAVIA an den Start, den ŠKODA von 1959 bis 1964 gebaut hatte. Die Entwicklung des Stufenheckmodells lief unter dem Projektnamen NOV (Nový Osobní Vůz), was übersetzt „neuer Personenwagen“ heißt. Schon zu Beginn der 1960er Jahre musste der 1000 MB Praxistests unter extremen klimatischen Bedingungen bestehen. Seine endgültige Typenbezeichnung verwies neben seiner Herkunft Mladá Bolesvlav (MB) auch auf den Hubraum des gut 1.000 Kubikzentimeter großen Vierzylinder-Triebwerks. Der wassergekühlte Reihenmotor mit obenliegenden OHV-Ventilen stellte zunächst 37 PS (27 kW) zur Verfügung und hatte mit dem innovativ konstruierten, dank des umfassenden Einsatzes von Aluminiumlegierungen 755 Kilogramm leichten Familienauto einfaches Spiel – der ŠKODA 1000 MB erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 120 km/h und begnügte sich mit einem Durchschnittsverbrauch von sieben bis acht Litern Benzin auf 100 Kilometern. 1966 stieg die Leistung auf 43 PS (32 kW), und mit dem 52 PS (38 kW) starken 1100 MB kam eine zweite Motorisierung hinzu. Ein Schuss Extravaganz steuerte die zweitürige Variante MBX bei – sie ist unter Oldtimer-Sammlern heute besonders gefragt.

Trotz seiner kompakten Abmessungen mit einer Länge von 4,17 Metern, 1,62 Metern Breite und 1,39 Metern Höhe bot der ŠKODA 1000 MB ein sehr geräumiges und funktionales Interieur. Das Modell verfügte über zwei Kofferräume: Das Gepäckabteil hinter den Sitzen im Fond ließ sich auch während der Fahrt erreichen, das vordere bot ein Volumen von bis zu 220 Litern. ŠKODA-typisch clever waren Ideen wie etwa das Reserverad hinter dem umklappbaren Teil der Frontmaske. Somit hatte man Zugriff auf das Reserverad, ohne dass man den vorderen Kofferraum ausladen musste. Außerdem an Bord waren Sitze, die sich ab Werk umklappen und so in eine Schlafposition bringen ließen.

Neben der modernen Technik war auch das Design des ŠKODA 1000 MB mit seinen geschwungenen Linien, feinen Kurven und den in die Kotflügel eingesenkten Scheinwerfern ein großer Fortschritt. Ein geschmackvolles Design-Detail waren zum Beispiel die tropfenförmigen Heckleuchten, während sich die Liebe zum Detail beispielsweise in dem schwenkbaren Emblem mit dem geflügelten Pfeil zeigte, das den Tankeinfüllstutzen im rechten Kotflügel abdeckte.

Mehr als die Hälfte der insgesamt 440.639 gebauten Stufenhecklimousinen des ŠKODA 1000 MB und 1100 MB wurden zwischen 1964 und 1969 in Dutzende Märkte exportiert. 1965 etwa machten Auslieferungen ins Ausland 70 Prozent der Produktion aus. Welches Potenzial das Heckmotorkonzept besaß, verdeutlichten die sportlichen Erfolge, die neben dem 1000 MB auch spätere ŠKODA Modelle wie der legendäre 130 RS einfuhren.

Der blaue 1000 MB auf den beigefügten Bildern stammt aus dem Jahr 1966. Er ist Teil der Fahrzeugsammlung des ŠKODA Museums in Mladá Boleslav.

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