Sportliche Automobile gehören seit mehr als 110 Jahren fest zum Modellangebot von ŠKODA aus Mladá Boleslav. In diese Tradition fügte sich auch der ŠKODA 110 R, dessen Entwicklung 1966 begann. Technisch basierte das elegante Coupé auf der Stufenheck-Limousine 100/110, seine Karosserie hob sich aber durch die stärker geneigte Windschutzscheibe, die rahmenlosen Fenster der beiden breiten Türen und vor allem durch die formschön nach hinten auslaufende Heckpartie deutlich ab. Das im Werk Kvasiny gebaute Fahrzeug debütierte am 5. September 1970 auf der Maschinenbaumesse in Brünn. Im Oktober des gleichen Jahres fand der 110 R auch auf bedeutenden Automobilmessen in Paris, London und Turin große Aufmerksamkeit. Obwohl der Grundpreis des 110 R mit 78.000 Tschechoslowakischen Kronen seinerzeit rund 40 Monatslöhnen entsprach, überstieg die Nachfrage das Angebot bei weitem. Priorität besaßen damals die Exportmärkte von ŠKODA und so gingen zum Beispiel im Jahr 1973 93 Prozent aller hergestellten Coupés vom Typ 110 R ins Ausland.
Auch die kompakten Abmessungen des wendigen Sportlers fanden großen Anklang, er war 4.155 Millimeter kurz, 1.620 Millimeter schmal und 1.340 Millimeter flach. Im Heck der selbsttragenden Karosserie war ein damals hochmoderner Vierzylinder verbaut: Das 1.107 Kubikzentimeter große Aggregat verfügte bereits über einen Motorblock und ein Kurbelwellengehäuse, die ebenso nach einem tschechischen Patent im Aluminiumdruckguss-Verfahren hergestellt wurden wie die Glocke des manuellen Vierganggetriebes. Mit einem Doppelvergaser und einem separaten Ölkühler ausgestattet entwickelte der Motor eine Leistung von 52 PS (38 kW). Damit erreichte der auf Radialreifen vom Format 165 SR 14 rollende ŠKODA 110 R eine Spitzengeschwindigkeit von 145 km/h. Dem stand eine leistungsfähige Zweikreis-Bremsanlage gegenüber, die an der Vorderachse auf Bremsscheiben der britischen Firma Dunlop und an der Hinterachse auf Trommelbremsen setzte. Die Gewichtsbalance des mit 880 Kilogramm sehr leichten Zweitürers wirkte sich sehr positiv auf das Fahrverhalten aus. Da bei voller Beladung bis zu 57 Prozent der Masse auf die angetriebenen Hinterräder drückte, punktete der 110 R auch an verschneiten Steigungen mit hervorragender Traktion.
Im Interieur unterstrichen sportliche optische Akzente den dynamischen Charakter des Fahrzeugs. Die Armaturentafel mit einer Oberfläche in Holzoptik bestand aus fünf Rundinstrumenten. Der rote Bereich des Drehzahlmessers begann erst jenseits der 5.750 Touren, der Tachometer reichte bis 180 km/h. Hinzu kamen Anzeigen für den Motoröldruck, die Kühlwassertemperatur und die Tankanzeige. Ebenfalls zur Serienausstattung zählten ein Sportlenkrad mit zwei Metallspeichen, die aus Gewichtsgründen dynamisch wirkende Bohrungen aufwiesen, sowie anatomisch geformte Vordersitze. Sie ließen sich nach vorne klappen, um den Einstieg zu den beiden Plätzen im Fond zu erleichtern. Hinter deren Rückenlehnen befand sich eine größere Ablagemöglichkeit, ein Kofferraum befand sich unter der vorderen Haube.
Im Laufe der zehnjährigen Bauzeit hat ŠKODA den 110 R fortlaufend modernisiert. So kennzeichneten schon bald vier Scheinwerfer und ein Spoiler die Frontpartie, die Vordersitze erhielten Kopfstützen und die Räder einen kleineren 13-Zoll-Durchmesser, was damals dem Geschmack der Zeit entsprach. Bis zum 30. Dezember 1980 verließen insgesamt 57.085 Exemplare des Coupés das Werk in Kvasiny. Heute sind die Fahrzeuge gesuchte Sammlerstücke und werden entsprechend gehandelt. Die Nachfolge des 110 R trat 1981 der ŠKODA GARDE an, dem 1984 der bis 1990 gebaute RAPID folgte.
Der ŠKODA 110 R diente auch als Ausgangsbasis für erfolgreiche Rennfahrzeuge aus Mladá Boleslav. Darunter befanden sich die von OHC-Motoren mit obenliegenden Ventilen angetriebenen Modelle ŠKODA180 RS und der 200 RS sowie mit dem ŠKODA 130 RS einer der erfolgreichsten Rennwagen der ausgehenden 1970er und frühen 1980er Jahre. In der Kategorie bis 1,3 Liter Hubraum dominierte der „Porsche des Ostens“ zum Beispiel die Tourenwagen-Europameisterschaft 1981 und fuhr auch im Rallye-Sport zu zahlreichen Klassensiegen, so etwa bei Rallye Monte Carlo 1977.