Andrea Frydlová, die Leiterin des ŠKODA Museums in Mladá Boleslav sagt: „Laurin & Klement und somit ŠKODA AUTO erzielten nicht nur mit ihren Personen- und Nutzfahrzeugen, Motorrädern, Fahrrädern oder Motorpflügen große Erfolge – auch ihre modernen Flugzeugmotoren waren im In- und Ausland sehr gefragt. Unser Unternehmen stellte als eines der ersten weltweit bereits seit 1909 Triebwerke her. Der in Lizenz gebaute Zwölfzylinder L&K Lorraine-Dietrich 450 markiert einen der absoluten Höhepunkte des Flugmotorenbaus in Mladá Boleslav. Seine Technologie und Dimensionen sind extrem eindrucksvoll.“ Zugleich empfiehlt Andrea Frydlová: „Unsere Gäste können ihre Tour durchs ŠKODA Museum mit der Besichtigung der Luftfahrtausstellung im befreundeten Metoděj-Vlach-Luftfahrtmuseum in Mladá Boleslav kombinieren und darüber hinaus auch das Ferdinand Porsche-Geburtshaus in Reichenberg-Maffersdorf besuchen. Im ŠKODA Museum bieten wir ein günstiges Kombiticket für alle drei sehenswerten Orte an.“
Bereits im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts begleitete Laurin & Klement/ŠKODA AUTO den Aufschwung der Luftfahrt sehr eng. Der erste begeisterte Flieger, der in seinem selbst konstruierten Fluggerät einen modifizierten Automobilmotor von L&K verwendete, war der tschechische Luftfahrtpionier Metoděj Vlach. Allerdings schaffte seine Konstruktion nur kurze Hopser statt eines echten Fluges. Erfolgreicher war der damalige Chefkonstrukteur des aufstrebenden Herstellers, Ingenieur Otto Hieronimus. Er arbeitete ab 1909 an der Entwicklung des ersten vornehmlich für die Luftfahrt bestimmten Motors in Österreich-Ungarn – und sorgte persönlich für einen historischen Meilenstein: Am 15. April 1910 um 17 Uhr, absolvierte Hieronimus als erster Mensch auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik einen erfolgreichen Flug mit einem Gerät, das schwerer als Luft war. Dabei wurde sein Flugzeug vom Typ Bleriot von dem in Mladá Boleslav entwickelten und hergestellten Motor L&K Typ EL angetrieben. Auf der Pferderennbahn in Chuchle bei Prag hielt sich der fliegende Ingenieur zwei Minuten und 26 Sekunden in der Luft und legte dabei eine Entfernung von rund 200 Metern zurück. Der dabei verwendete Motor L&K Typ EL besaß Motorblock und Kurbelgehäuse aus Aluminium und vier mit Blech verkleidete Gusseisenzylinder. Von diesem Triebwerk entstanden nur drei Exemplare, da die Fertigungskapazität von Laurin & Klement damals bereits durch zahlreiche in- und ausländische Aufträge für Personen- und Nutzfahrzeuge der beliebten Marke L&K ausgelastet war.
In der zweiten Hälfte der 1920er-Jahre ließen die Weltwirtschaftskrise und der schwierige Wiederaufbau nach dem Krieg den Automobilabsatz vorübergehend einbrechen. Die Unternehmensleitung von Laurin & Klement entschied sich, die Produktionsanlagen durch den Bau von modernen Flugzeugmotoren der Marke L&K-Lorraine-Dietrich auszulasten. L&K hatte 1924 vom französischen Automobil- und Flugzeughersteller Lorraine-Dietrich zwei Lizenzen erworben und stellte in Mladá Boleslav nun einen 400 PS starken Achtzylinder und als Topversion einen Zwölfzylinder mit 450 PS her.
Das stärkere der beiden Triebwerke ist jetzt dank der freundlichen Ausleihe des Technischen Nationalmuseums in Prag in der Ausstellung des ŠKODA Museums zu bewundern. Das einzigartige Exponat aus dem Jahr 1926 besticht nicht nur durch seine imposanten Abmessungen und den Hubraum von 24,4 Litern, sondern auch mit seiner Konstruktion mit zwölf Zylindern in W-Anordnung, also in drei Reihen mit jeweils vier Zylindern. Die Höchstleistung von 450 PS (331 kW) erreicht das Triebwerk bei 1.850 Umdrehungen pro Minute. Der Verbrauch des Zwölfzylinders lag bei 240 Gramm Kraftstoff plus 12 Gramm Öl pro PS und Betriebsstunde. Von den Qualitäten der Lizenzmotoren war auch das tschechoslowakische Verteidigungsministerium überzeugt und orderte Ende 1926 in Mladá Boleslav eine Kleinserie von 50 Stück dieser monumentalen Zwölfzylinder.
Die hochwertigen Flugzeugmotoren aus Mladá Boleslav kamen beispielsweise in den tschechischen Flugzeugen Letov Š-12 und ŠB-16 zum Einsatz. Auch fernab der damaligen Tschechoslowakei waren die Motoren gefragt, sie wurden zum Beispiel nach Litauen oder in die Türkei exportiert. Zu den beeindruckendsten Beweisen ihrer Leistungsfähigkeit zählt der Fernflug von Oberstleutnant Jaroslav Skála, der im Jahr 1927 mit einer Letov Š-16 von Prag nach Tokio flog.
Das ŠKODA Museum in Mladá Boleslav verzeichnete 2018 mit 273.811 Besuchern aus dem In- und Ausland einen absoluten Rekord und übertraf den Vorjahresbesuch um fast 8 Prozent. Die modern konzipierte Ausstellung beleuchtet anschaulich die vielfältige Unternehmensgeschichte von ŠKODA AUTO. Darüber hinaus steht den Gästen auch das Fahrzeugdepot offen. Zudem finden im ŠKODA Museum regelmäßig Kulturveranstaltungen und thematische Ausstellungen statt. Auf großes Interesse trifft auch die Möglichkeit, den Besuch des Museums mit einer Werksbesichtigung der aktuellen Produktionsstätten von ŠKODA AUTO zu kombinieren. Hierzu ist eine vorherige Anmeldung erforderlich. Neben dem Stammwerk in Mladá Boleslav stehen angemeldeten Besuchern auch die Standorte in Kvasiny und Vrchlabí offen.