Pioniere der Aerodynamik aus heutiger Sicht
Die Aerodynamik ist heute einer der wichtigsten Faktoren in der Fahrzeugentwicklung. Der Luftwiderstand hat einen großen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch und – im Falle von Elektroautos – auf die Reichweite pro Ladung. Doch die Suche nach den aerodynamischsten Formen hat für den tschechischen Automobilhersteller eine lange Historie.
Das Team der aktuellen Aerodynamik-Experten lud das Škoda Storyboard ins Škoda Museum ein, um einen Blick auf drei besondere Autos zu werfen, die vor vielen Jahrzehnten den Weg für die Aerodynamik geebnet haben: den Škoda 935 Dynamic von 1935, den Škoda Popular Monte Carlo von 1937 und den Škoda Rapid OHV von 1940.
Das Hauptaugenmerk des besonderen Treffens lag darauf, die Herangehensweise der frühen Designer an das Thema Aerodynamik nachzuvollziehen. Wie haben sie es geschafft, den Luftwiderstand zu verringern, die Kurven der Karosserie elegant zu gestalten und der idealen Stromlinienform so nahe wie möglich zu kommen? Kann man sich von neunzig Jahre alten Lösungen überhaupt noch inspirieren lassen?
Drei Veteranen, die schon vor Jahrzehnten in Sachen Aerodynamik wegweisend waren: Škoda 935 Dynamic, Škoda Rapid OHV und Škoda Popular Monte Carlo (von links).
„Eine paradoxe Eigenschaft der Autos bis zu den frühen 1930er Jahren, die sowohl typisch als auch für uns Aerodynamiker interessant ist, besteht darin, dass sie beim Rückwärtsfahren einen geringeren Luftwiderstand aufwiesen als beim Vorwärtsfahren! Das liegt daran, dass die Vorderseite des Autos in der Regel aus mehreren flachen Teilen bestand, die im rechten Winkel zum Boden standen, wie z.B. der Kühler, die Scheinwerfer, die Windschutzscheibe usw., und die Übergänge zwischen diesen Teilen sehr scharf waren, während die Rückseite des Autos runder war. In den späten 1930er Jahren wurden Autobahnen gebaut und das Autofahren wurde immer schneller. So wurde die Geschwindigkeit für die Kunden immer wichtiger und die Autohersteller versuchten, tropfenförmige aerodynamische Formen zu schaffen, inspiriert von der Natur", sagt Jan Jagrik, Leiter der Entwicklungsabteilung für Aerodynamik.
Paradoxerweise hatten die Autos zu Beginn der 1930er Jahre einen besseren Luftwiderstand beim Rückwärtsfahren als beim Vorwärtsfahren.
Jalousien damals und heute
„Beim schwarzen Škoda Popular Monte Carlo Coupé sehen wir ein sich verjüngendes Heck mit einer Finne, die für Stabilität sorgt, sowie tropfenförmige Kotflügel. „Die Gitter vor den Scheinwerfern und dem Kühler sind markant und sollen die Luftzirkulation um die im Wesentlichen vertikalen Scheinwerferflächen unterstützen“, beschreibt Jagrik das markante Design.
Jan Jagrik, Leiter der Entwicklungsabteilung für Aerodynamik mit dem Dynamic 935 - ein „stromlinienförmiges“ Auto, das für die Fahrt auf der Autobahn konzipiert wurde und mehrere aerodynamische Merkmale aufweist, wie z.B. hintere Radabdeckungen und eine Stabilisierungsfinne am spitz zulaufenden Heck.
Laut Vojtěch Jakubec, dem Projektleiter für Aerodynamik, zeigen die Autos das Bestreben, Themen anzugehen, die auch heute noch relevant sind, wenn auch in leicht veränderter Form. „Gerade die Strömungsablösung hinter dem Heck des Autos beschäftigt uns auch heute noch stark. Ein weiteres Thema sind die Räder – beim 935 Dynamic sind die Hinterräder verkleidet, was der Aerodynamik zugutekommt. Andererseits glaube ich nicht, dass man damals der Unterseite des Bodens viel Aufmerksamkeit geschenkt hat, was heute ein sehr wichtiger Punkt bei Autos ist.“
Können die Experten Elemente an Oldtimern identifizieren, die auch heute noch genutzt werden? Die meisten Lösungen, die vor neunzig Jahren verwendet wurden, sind heute nicht mehr anwendbar. Das liegt vor allem begründet in der heutigen Gesetzgebung. Früher wurde das Verhalten von Autos bei Unfällen nicht berücksichtigt – es gab keine Crashtests, keine Vorschriften für den Fußgängerschutz. So konnten Autos alle möglichen hervorstehenden Teile haben und es gab keine Überlegungen zur Sicht aus dem Cockpit oder zur Positionierung der Scheinwerfer.
Aerodynamik-Spezialist Josef Šiman mit dem Škoda Popular Monte Carlo
„Aber am Beispiel des Rapid sehen wir eine Jalousie vor dem Kühler, die der Fahrer herunterklappen konnte, wenn die Kühlung nicht benötigt wurde. Diese schirmte den Kühler ab, sodass die Luft nicht hindurchgepresst wurde, sondern um die Karosserie herumströmte – ein Weg mit weniger Widerstand. Solche Lösungen gibt es auch heute noch in modernen Autos, wobei die Konstruktion natürlich völlig anders ist, geprägt durch automatische elektronische Steuerungen. Aber das Prinzip ist das gleiche", erklärt der Aerodynamiker Josef Šiman.
Die Jalousie vor dem Kühlergrill des Rapid, die heruntergelassen werden konnte, wenn er keine Kühlung brauchte.
Der Rapid im Tunnel
Überraschender Fakt: Windkanäle wurden schon vor fast neunzig Jahren zur Verbesserung der Aerodynamik von Autos eingesetzt. So verfügte das tschechische Forschungs- und Prüfinstitut für Luft- und Raumfahrt in Prag bereits in den 1920er Jahren über einen Windkanal. Jedoch gibt es keine Berichte über seine Verwendung für den Automobilbau in diesem Jahrzehnt. Es gibt allerdings Dokumentationen über das jüngste der drei Autos, den Škoda Rapid OHV „Autobahn“. „Im Firmenarchiv gibt es einen Bericht aus dem Jahr 1938, in dem ein Holzmodell im Maßstab 1:6 im Tunnel des Forschungsinstituts getestet und mit einem Modell eines Autos mit Standardkarosserie verglichen wird.
Während heute – vereinfacht ausgedrückt – die Karosserieformen vor allem durch Computersimulationen optimiert und dann im Windkanal überprüft werden, wurden damals die Windkanäle tatsächlich zur Entwicklung der Karosserien genutzt. „Es gab keine andere Möglichkeit, als im Voraus mehrere alternative Formen für Teile des Autos wie die Stoßstangen oder Spiegel zu haben und diese nacheinander auf das Modell zu setzen, zu sehen, wie die Luft sie umströmt, und dann die beste Version auszuwählen – im Grunde durch Versuch und Irrtum. Nach und nach wurden Tonmodelle in den Tunnel gebracht und von den Konstrukteuren vor Ort mit Schabern geformt – hier ein bisschen weggenommen und dort ein bisschen mehr hinzugefügt. Dank der Entwicklung moderner Windkanäle etwa ab den 1980er Jahren und vor allem mit dem Aufkommen von Computersimulationen um die Jahrhundertwende haben wir heute viel mehr Informationen über die zu entwickelnden Formen. Das macht die Entwicklung der Aerodynamik natürlich effizienter“, erklärt Jakubec.
Aerodynamik-Manager Vojtěch Jakubec und der Škoda Rapid OHV
Sie fragen sich vielleicht, wie die Luftströmung im Windkanal untersucht wurde. Dazu wurde feine Watte an bestimmten Stellen auf die Karosserie geklebt. Die Konstrukteure beobachteten, wie und in welche Richtung die Watte an diesen Stellen flatterte. Alternativ wurde auch Rauch verwendet, dessen Bewegung um das Auto herum beobachtet wurde. An diesen Methoden hat sich bis heute nichts geändert.
Aerodynamik der Meisterklasse
Nehmen wir den Prototyp der aerodynamischen Škoda 935 Dynamic Limousine, der auf dem Prager Autosalon 1935 vorgestellt wurde, nun einmal genauer unter die Lupe. Die drei Aerodynamik-Experten weisen auf interessante Details hin. „Obwohl der Dynamic und der Popular aus einer ähnlichen Epoche stammen, gibt es einen deutlichen Unterschied im Design. Die unterschiedliche Fahrzeugklasse und damit der Preis haben dabei sicher eine große Rolle gespielt. Das Auffälligste am Dynamic ist seine tropfenförmige Silhouette mit dem spitz zulaufenden Heck, der nach hinten schmaler werdende Innenraum und die verkleideten Hinterräder. Im Vergleich zu den anderen Fahrzeugen gibt es noch einen weiteren Vorteil: Der Motor ist vor der Hinterachse montiert, wodurch die Unterseite des Fahrzeugs fast rundum flach ist, was bei einem vorne montierten Motor nicht möglich ist. Außerdem wurde versucht, die Scheinwerfer so bündig wie möglich mit der Nase abzuschließen und damit der gesamten Karosserie eine einheitliche Linie zu geben. Es gibt nicht mehr mehrere getrennte Tropfenformen – Stoßstangen, Dach und so weiter. Stattdessen kann man das Bestreben erkennen, einen einzigen Monoblock, eine große Tropfenform, zu schaffen. Man beachte auch die Vorderräder, die nicht wesentlich nach innen geschoben sind – der Abstand zwischen der Reifenkante und dem Kotflügel ist minimal. Das ist eine Meisterklasse der Aerodynamik", sagt Šiman lächelnd.
Am Škoda Dynamic sind die Grundsätze der Aerodynamik, die damals wie heute gültig sind, am deutlichsten zu erkennen. „Es geht darum, die Luftströmung so nah wie möglich am Körper zu halten. Und wenn die Luft an einem bestimmten Punkt weggedrückt wird, ist es am besten, wenn sie durch eine deutliche Kante abgegrenzt wird. Diese Haftung lässt sich mit einem Teardrop-Design besser realisieren – wir können sehen, wie sich der Querschnitt und die Form des Autos sanft verändern, sodass die Luft eigentlich keinen Grund hat, sich irgendwo zu lösen", sagt Jakubec.
„Ich denke, es lohnt sich, daran zu denken, wie Autos damals tatsächlich gebaut wurden. Damals gab es noch keine Autodesigner. Alles wurde von Konstrukteuren entworfen, die Schablonen auf Zeichenbrettern anfertigten, also auch die Karosserieformen entwarfen. Dann gab es einen Handwerker, der – wenn ich etwas übertreiben darf – an seiner Werkbank saß und ein Stück Metall in die Form eines Stoßfängers oder einer Motorhaube hämmerte, wobei er es je nach Erfahrung und Gefühl leicht veränderte, sodass das Endergebnis ein wenig anders und vielleicht sogar ein wenig besser war. Die Arbeit war nicht so klar strukturiert wie heute. Formen und Linien entstanden organisch in den Händen der Handwerker, und es ist ihrem Können und ihrem Gespür zu verdanken, dass die schönen ästhetischen Formen, die wir heute bewundern, entstanden sind. Sie strahlen Emotionen aus. Das ist ein schönes Stück Geschichte und gute alte Handwerkskunst", sagt Jan Jagrik, Leiter der Entwicklungsabteilung für Aerodynamik, und zollt damit seinen Vorfahren Tribut.
„Die Tradition der Aerodynamikentwicklung bei Škoda ist wirklich neunzig Jahre alt. Das ist länger, als es viele der heutigen Automobilhersteller gibt. Ich bin stolz darauf, dass unsere Arbeit hier auf einem so festen Fundament steht", fügt er hinzu.
Die Aerodynamiker von heute können sich noch immer von der Arbeit der alten Karosseriebauer inspirieren lassen.